Führung durch das Privatmuseum der Büchsenmacherei Kuchenreuther

Exkursion der Familienforscher zur Büchsenmacherei Kuchenreuter (05.10.2024)
Beim turnusmäßigen Oktobertreffen der Familienforscher im Landkreis Cham der „Gesellschaft für Familienforschung in der Oberpfalz e.V.“ (GFO) letzten Samstag machten die Mitglieder und interessierte Nichtmitglieder eine Exkursion zur Büchsenmacherei Kuchenreuter in Cham. Dort führte Martin Kuchenreuter, ebenfalls Mitglied der GFO, die beachtliche Anzahl durch das Privatmuseum der Büchsenmacher-Dynastie und erläuterte auch die Familiengeschichte.
Der Familienname kommt von Kuchenreut, einem kleinen Weiler bei Kemnath. Die nördliche Oberpfalz war im 17. Jahrhundert eine Hochburg der Waffenfertigung. Der Ursprung ist Johann Christoph Kuchelreither, (Schreibweise im Trauungsregister, * ca. 1675, + 1742). Er heiratete am 16.05.1695 die Witwe des Steinweger Büchsenmachermeisters Thomas Wilfing und führte dort das Büchsenmachergeschäft weiter. Die Vermutung liegt nahe, dass Johann Christoph Kuchenreuter noch unter Wilfing als Geselle gearbeitet hat, und nun die Gelegenheit wahrnahm, durch die Heirat mit der wesentlich älteren Meisterin, die Hürde zum Erwerb des Meisterrechts und der Niederlassung als selbständiger Handwerksmeister zu überwinden. Den Weg der Selbständigmachung durch Heirat einer Meisterswitwe oder -tochter beschritten insbesondere solche Gesellen, die keinen väterlichen Betrieb übernehmen konnten. Denn die Neugründung eines Handwerksbetriebes hatten die Zünfte sehr erschwert, um die Zahl der Handwerksbetriebe klein zu halten, damit jeder genug Arbeit zum Überleben hatte.
Johann Christoph Kuchelreither gründete als erster Büchsenmachermeister die Dynastie der Büchsenmacherei Kuchenreuter. Auch war er es, der bereits im Jahr 1730 handschriftliche Aufzeichnungen über seinen Stammbaum anfertigte. Diese sind im Privatmuseum der Kuchenreuter in Cham im Original erhalten!
Von den drei Söhnen von Johann Christoph Kuchenreuter heiratete sein ältester Sohn Johann Jacob Kuchenreuter, (* 1709, + 1783) 1740 nach Stadtamhof und gründete dort die Stadtamhofer Linie der Kuchenreuter. Dort bezog die Familie ein Anwesen in der Manggasse (der heutigen Seifensiedergasse), hinter dem Kloster St. Mang. Von diesem Zeitpunkt an übten die Stadtamhofer Kuchenreuter hier ihr Handwerk aus, wobei Überlieferungen bezeugen, dass sich die Büchsenmacherwerkstatt in den unteren, zur Gasse hinaus gerichteten Räumen, befand. Der letzte Büchsenmacher der Stadtamhoferschen Linie war Georg Max Jacob Kuchenreuter (+ 1938).
Die Regensburger Linie wurde begründet durch den zweitältesten Sohn von Johann Christoph Kuchenreuter, Joseph Kuchenreuter (* 1712). Eine Niederlassung als Katholik in der damals protestantischen freien Reichsstaft Regensburg war deshalb unmöglich, weil er sich in einer katholischen Enklave, dem Salzburger Hof – der Residenz des Salzburger Erzbischofs – einmietete. Seine Adresse lautete „in Regensburg“. Der letzte Kuchenreuter, der in Regensburg als Büchsenmacher arbeitete, war Georg Adam Kuchenreuter (+ 1938).
Die Steinweger Linie, die von Johann Christoph Kuchenreuter gegründet wurde, führte nach seinem Tod sein drittältester Sohn Johann Andreas Kuchenreuter weiter. Wie sein Bruder
Johann Jacob von Stadtamhof genoss er ebenfalls großen Ruhm wegen der herausragenden Qualität seiner Waffen. Mit Johann Adam Kuchenreuter (1822-1898), der kinderlos blieb, erlosch die Steinweger Linie. Die Kuchenreuterstraße in Steinweg hält die Erinnerung an diesen Stamm der Familie wach.
Die Chamer Linie wurde von Michael Kuchenreuter (1798-1862) aus Steinweg gegründet. Er kam 1824 als Büchenmachergeselle nach Cham und heiratete 1825 die sechs Jahre ältere Büchsenmacherwitwe Katharina Dobner. Ihm folgten in Cham als Büchsenmachermeister Josef Anton Kuchenreuter (1847-1929), Joseph Kuchenreuter (1887-1971), Anton Kuchenreuter (1924-2009), seine Söhne Martin und Christoph Kuchenreuter und inzwischen mit Andreas Kuchenreuter der 28. Büchsenmachermeister in der Familiengeschichte, welcher noch als einziger der Kuchenreuter-Dynastie das Büchsenmacherhandwerk ausübt.
Bereits in der 2. Generation Büchsenmachermeister im 18. Jahrhundert wurden die Brüder Kuchenreuter wegen der Präzission ihrer Waffen „Fürstlich Thurn- und Taxische Hoflieferanten“ erhoben. Weil die Fürsten von Thurn und Taxis Kuchenreuter-Gewehre Herrschern weltweit als Geschenk gaben, verbreitete sich auch der hervorragende Ruf der Kuchenreuter-Gewehre weltweit. Folglich kamen für die Büchsenmacher-Dynastie Aufträge aus der ganzen Welt herein. Sie produzierten zuerst nur Vorderlader. Aus den noch vorhandenen Notiz- und Bestellbüchern aus dem 18. Jahrhundert kann man nachlesen, wie sich die Büchsenmacherei der Kuchenreuter entwickelte.
Martin Kuchenreuter zeigte den Familienforschern im Museum verschiedene alte Gewehre aus dem 18. Jahrhundert und erklärte die verschiedenen Funktionsweisen: Radschlossgewehr, Steinschlossgewehr (ca. 1770/80), verschiedene Duellpistolen, Perkussionspistolen, Reisepistolen (diese wurden stets geladen mitgenommen, weil das Laden bei Gefahr zu lange gedauert hätte), Wendegewehr mit 2 Schuss, Drilling, Scheibenwaffen, Doppelflinten, Miniaturpistolen und auch Abbildungen aus dem Buch „Die Kuchenreuter und ihre Zunftgenossen“ von D. Götschmann.
Kuchenreuter erklärte auch die Laufziehbank für Gewehrläufe von ca. 1800 – die ebenso genau arbeitet wie eine moderne computergesteuerte Drehbank – nur viel langsamer. Doch Zeit spielte früher bei der Büchsenherstellung keine Rolle. Der Büchsenlauf wurde über einem sogenannten „Dorn“ geschmiedet, wobei man die Temperatur mangels Thermometer im Gefühl haben musste. Auch erklärte er die Funktionsweise einer 350 Jahre alten „Schrotzange“ zur Herstellung von jeweils 48 Schrotkugeln – eine langwierige Arbeit.
Es wurden bei Kuchenreuter keine Waffen für das Militär hergestellt. Doch da sich die Offiziere selbst ausrüsten mussten, lies sich ein einzelner Offizier ein Gewehrt von Kuchenreuter für die Kriegsteilnahme anfertigen.
Wegen der Präzision ihrer Waffen gewann die Büchsenmacherei Kuchenreuter bei der Weltausstellung 1855 in Paris den 1. Preis! Auch diese Medaille ist im Privatmuseum zu sehen.
Zum Abschluss bedankte sich die Leiterin der GFO-Familienforscher im Landkreis Cham und 1. GFO-Vorstand Elfriede Dirschedl mit einem Präsent bei Martin Kuchenreuter für die umfangreiche Führung durch das Privatmuseum.
Bericht erstellt von Elfriede Dirschedl, 1. Vorstand und Schriftführung GFO