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„Ein guter und anständiger Gegenstand“ Vortrag über das Heiratsverhalten in der Herrschaft Falkenstein im 18. Jahrhundert

Chamer Zeitung vom 15.10.2022

„Ein guter und anständiger Gegenstand“

Vortrag über das Heiratsverhalten in der Herrschaft Falkenstein im 18. Jahrhundert

Cham. (AS) Beim letzten turnusmäßigen Treffen der Familienforscher im Landkreis Cham haben sich die Teilnehmer in der Klostermühle Altenmarkt über einen kurzweiligen Vortrag von Dr. Manuela Daschner aus Zell freuen können. Der Titel „Ein guter und anständiger Gegenstand“ lässt natürlich nicht unbedingt gleich ans Heiraten denken. Doch die Referentin zeigte auf, warum so ein „Gegenstand“ bei einer Hochzeit von großer Bedeutung war.

Elfriede Dirschedl, sowohl erste Vorsitzende für den GFDO-Arbeitskreis Cham als auch auf Oberpfalzebene, freute sich über das Kommen aus den Reihen der Familienforscher und Interessierten. Ein besonderes Willkommen galt der Referentin Dr. Manuela Daschner. Die Historikerin ist beim Landkreis Regensburg im Sachgebiet Kultur, Heimat- und Denkmalpflege tätig und kümmert sich um die Archive des Marktes Falkenstein und der Gemeinde Schorndorf.

Die Heiratserlaubnis

Im Bayern des 18. Jahrhunderts durfte nur heiraten, wer eine Erlaubnis vom Gerichtsherrn sowie der Kirche hatte. Die Erlaubnis der weltlichen Obrigkeit erhielt das Paar, wenn es nachweisen konnte, dass es über ein Haus, einen Bauernhof oder ein Recht zur Ausübung eines Handwerks verfügte. Aus Sicht der Kirche waren vor allem moralische Gesichtspunkte von Belang: Besondere Beachtung galt der Einhaltung der Inzestverbots, dass Ehen zwischen Blutsverwandten und angeheirateten Personen bis zum vierten Verwandtschaftsgrad verbot.  Allerdings konnte man einen kirchlichen Dispens gegen Gebühr beantragen und trotzdem heiraten.

Wer die Zustimmung der Kirche und der Gerichtsherrschaft eingeholt hatte, musste sich mit der vertraglichen Fixierung der Eheschließung befassen. Denn anders als heute war damals grundsätzlich ein Ehevertrag notwendig. Die Untertanen waren nämlich dazu verpflichtet, ihre Heirat bei Gericht zu Protokoll zu geben. Diese Verschriftlichung bot den Ehepartnern und deren Familien Rechtssicherheit, da Vermögenswerte und finanzielle Ansprüche beider Seiten festgehalten wurden; zugleich war sie eine gute Einnahmequelle für die Gerichtsherrschaft, da sie für die Ausstellung des Briefprotokolls Gebühren erheben konnte.

Kriterien für die Partnerwahl

Was machte jemanden damals zu einem „guten und anständigen Gegenstand“, also zu einer guten Partie? Laut Daschner lässt sich diese Frage nicht abschließend beantworten. Grundsätzlich wurde die Partnerwahl wohl immer schon von mehreren Faktoren beeinflusst, das finanzielle Vermögen, die soziale Herkunft, der Charakter sowie auch die gegenseitige Zuneigung. Für die Forschung sind heute aber nur noch die ersten beiden Punkte greifbar.

Das Heiratsgut

Das Heiratsgut war für die Heiratswilligen von zentraler Bedeutung und stand einem aus dem elterlichen Anwesen oder Vermögen zu. Je größer der Hof, desto höher war meist das Heiratsgut. Da es aber üblich war, dass alle Kinder einer Familie „gleichgehalten“ wurden, also alle ein Heiratsgut in gleicher Höhe erhielten, fielen sie in kinderreichen Familien entsprechend geringer aus als bei Einzelkindern. Neben Geld zählten zu einem Heiratsgut auch Sachwerte: Diese wurden bei einer Braut „Ausfertigung“ genannt und umfassten in der Regel ein Bett samt Kissen, Laken und Bezügen sowie eine Truhe, einen Kasten und einen „Schüsselkorb“. Hinzu kamen Einrichtungsgegenstände, Haushalts- und Küchenutensilien sowie eine Kuh.

Wer hatte Chancen? 

Gerade die bäuerliche Oberschicht blieb bei den Eheschließungen weitgehend unter sich, auch die Handwerker suchten sich ihre Braut gern unter den Töchtern von Kollegen. Aber je kleiner das landwirtschaftliche Anwesen war, desto flexibler wurden die Hoferben bei der Herkunft ihrer Partner: Insgesamt lässt sich feststellen: Wer über Geld verfügte, hatte gute Chancen auf eine Heirat. Je weniger Geld man hatte, desto schwerer tat man sich. Und für die Kinder aus der nichtansässigen Schicht der Tagwerker, Inwohner und Hirten war es besonders schwierig. Vor allem für die Töchter war es ein Glücksfall, wenn sie heiraten konnten. Manche Frau mit wenig Heiratsgut kam aber „in der zweiten Runde“ zum Zug, nämlich, wenn sie einen Witwer heiraten konnte. Diese hatten bereits bei der ersten Eheschließung genügend Geld erheiratet, um ihr Anwesen übernehmen zu können, und waren deshalb bei der Wiederheirat nicht mehr auf eine lukrative Partie angewiesen.

Abschrift: Elfriede Dirschedl